Willkommen Zuhause 65/2021
10 WOHNPROJEKT Inklusives Wohnen seit zwei Jahren an der Werkstättenstraße drei Wohngruppen und mehreren Appartements; die Men- schen werden je nach ihrem individuellen Bedarf begleitet und gefördert. Als Schlager-Fan in der Mädels-WG Das Neue an der Kooperation von Lebenshilfe und Wohn- stätte: Hier wohnen die Menschen inklusiv zusammen, denn auch Menschen ohne Behinderung können sich hier einmieten. Bei den Wohngruppen ist die Lebenshilfe Krefeld Mieterin der Wohnstätte, bei den kleineren Wohnungen mie- ten die Menschen mit Behinderung ihre Wohnung direkt bei der Wohnstätte an. Leah Kerschgens aus der Mädels-WG hat sich die schönen Möbel für ihr WG-Zimmer selbst aus- gesucht und den Raum nach ihrem Geschmack gestaltet. Pferdebilder und Blumenposter machen ihre Umgebung bunt und heiter. Leah Kerschgens reitet sehr gerne, geht gerne schwimmen, spielt Basketball und ist großer Schla- ger-Fan. „Ich hab‘ ein volles Programm“, sagt sie zufrieden. Die Nähe zu den öffentlichen Verkehrsmitteln in Oppum erleichtert vieles. Freundschaften mit Vertrauen Jedes WG-Zimmer im Erdgeschoss besitzt eine eigene Terrasse mit direktem Zugang zum schön gestalteten Garten mit Rasen, Spielplatz und Blumenwiese. Im Gemeinschafts- raum wird gekocht, gegessen und gechillt, dienstags ist WG-Abend: Bei einem Snack besprechen Wohngruppe und Teamleiter dieAlltagsfragenundLösungen. LeahKerschgens wohnt sehr gerne hier und sagt: „Ich habe hier viele Freunde, die mich gut verstehen, denen ich vertraue.“ Gut, dass die jungen Frauen recht schnell eine gute Gemein- schaft aufgebaut hatten. Denn im zweiten Jahr bremste Corona vieles aus: Die vier Frauen konnten nicht mehr in die Werkstatt zum Arbeiten, Freizeitaktivitäten waren unmög- lich, sie mussten sogar in Quarantäne. „Das waren zwei sehr lange Wochen: Wir konnten nicht gemeinsam kochen und nicht zusammen essen“, sagt Leah, „und Geld ausgeben ging auch nicht!“ In der Zeit hat ein Betreuer gekocht und das Essen an die Zimmertüren gestellt: Der „Room-Service“ vermittelte einen Hauch Hotelgefühl. Die Ausnahmesituation scheint vorerst beendet. Leah Ker- schgens und die anderen Frauen der Wohngruppe können ihren Hobbys wieder nachgehen und im Garten wieder ge- meinsam Spaß haben. Die junge Frau liebt es, sich und ihre Mitbewohnerinnen mit Wasserbomben zu erfrischen. Sie freut sich, dass es wieder Partys geben darf – in der WG, bei den anderen Bewohner*innen und auch wieder in der Stadt. Das Haus mit der bunten Fassade ist stadtbekannt: Hier, in Oppum, haben die Lebenshilfe Krefeld und die Wohn- stätte ihr erstes inklusives Wohnprojekt verwirklicht. Vor zwei Jahren sind Menschen mit und ohne Behinderung eingezogen. Wir haben zwei Klient*innen der Lebenshilfe in ihren Wohngruppen an der Werkstättenstraße besucht. Leah Kerschgens ist eine Frau der ersten Stunde. Die 24-Jährige ist bereits im Juni 2019 eingezogen. „Wir sind eine Mädels-WG“, berichtet sie, „Lena kannte ich schon, und Cancu und Anna habe ich erst hier kennengelernt.“ Die vier jungen Frauen bilden eine Wohngruppe an der Werkstättenstraße. In dieser Wohnform werden sie von der Lebenshilfe unterstützt, die im gesamten Stadtgebiet Menschen mit Behinderung betreut. Deren Fachdienst „Ambulant Unterstütztes Wohnen“ (AUW) ist für das bunte Haus zuständig. Hier leben Menschen mit Behinderung in Seit zwei Jahren zufrieden im neuen Zuhause: Marc-Andre Marx und Leah Kerschgens leben in zwei verschiedenen Wohngruppen der Lebenshilfe Krefeld e.V. an der Werk- stättenstraße. Willkommen zu Hause #65 11 Alles ist auf Rolli-Fahrer eingestellt Jenseits des Flurs wohnt der 25-jährige Marc-Andre Marx in einer zweiten Wohngruppe der Lebenshilfe. Auch die Fünf in dieser Gruppe sind im Juni 2019 eingezogen. Alles dort ist auf Rolli-Fahrer eingestellt. In der Küche kann Marc-Andre Marx vom Rollstuhl aus die Arbeitsplatte und den Herd er- reichen. Zur Eingangstüre des bunten Hauses gelangt man über eine Rampe. Die Türen zum Haus und zu den Wohn- gruppen öffnen sich automatisch und natürlich gibt es einen Aufzug in die oberen Stockwerke. Wohnen in guter Nachbarschaft Marc-Andre Marx ist gerade von einer Therapiestunde nach Hause gekommen: „Ich bin froh, dass es wieder losge- gangen ist“, sagt er. Denn die Anti-Corona-Regeln und die Masken haben ihn sehr gestört, der Rhythmus hat ihm ge- fehlt. Leider sind auch die regionalen Special Olympics für 2021 abgesagt worden. Daran hätte Marc-Andre Marx gern teilgenommen, obwohl er sich auch gern allein in seinem Zimmer aufhält: „Ich bin eigentlich sehr zurückgezogen“, sagt der junge Mann. Er hat sich mit den Schutz-Regeln arrangiert und fühlt sich auch unter diesen Umständen sehr gut aufgehoben. Seine Devise: „Wir müssen es nehmen, wie es kommt.“ In der Wohngruppe wurde schon überlegt, was sie alles machen wollen, wenn die Einschränkungen vorbei sind; es ist eine „riesenlange Liste“ von Aktivitäten gewor- den. Zur Besprechung gab es was Süßes. Denn dass die in- klusive Nachbarschaft gut funktioniert, zeigen gelegentliche Geschenke: Die Bewohner aus dem Obergeschoss bringen der Wohngruppe auch schon mal einen Kuchen vorbei. Lebenshilfe Krefeld e.V. Der 1962 gegründete, eingetragene Verein kümmert sich mit Einrichtungen und Diensten um Menschen mit Behinderung. Mit rund 500 Mitgliedern und gut 570 Mitarbeiter*innen vertritt er aktiv und engagiert die Interessen seiner Klienten und ihrer Angehörigen. Die Lebenshilfe Krefeld unterhält neben sechs Wohnhäusern für Menschen mit Behinderung und dem Fach- dienst Ambulant Unterstütztes Wohnen zwei Kindertagesstätten, einen ambulanten Pflege- dienst, die Flexiblen Familienhilfen und das „Büro für Leichte Sprache – Niederrhein“. Ziel ist es, den Menschen mit Behinderung die vollständige Teilhabe am Leben in Krefeld zu ermöglichen. www.lebenshilfe-krefeld.de Heiko Imöhl , Sprecher des Vorstands Lebenshilfe Krefeld: „Das gemeinsame Projekt an der Werkstättenstraße sehen wir als konsequente Fortsetzung unseres Einsatzes für Men- schen mit Beeinträchtigung: Wir haben zusammen mit un- serer Partnerin, der Wohnstätte Krefeld, für unsere Klient*in- nen im ambulanten Bereich inklusives, selbstbestimmtes Wohnen ermöglicht. Damit sind wir einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Teilhabe in Krefeld gegangen. Der Erfolg mit dem bunten Haus ist vielversprechend, sodass wir be- reits über eine weitere Zusammenarbeit mit der Wohnstätte im Gespräch sind.“ Thomas Siegert , Vorstand der Wohnstätte Krefeld: „Ich freue mich für alle Bewohner*innen, dass unser ge- meinsames Wohnprojekt an der Werkstättenstraße so gut funktioniert und angenommen wird. Dies bestärkt uns in un- seren Überlegungen, der langjährigen Partnerschaft mit der Lebenshilfe, wenn möglich, ein weiteres Kapitel hinzuzufü- gen. Ein weiterer Standort für ein gemeinsames Wohnpro- jekt in Krefeld ist bereits ausgeguckt. Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr die Machbarkeit geklärt haben werden und dann in die Planung einsteigen können.“ Peter Schwarz , Geschäftsbereichsleiter Hausbewirtschaf- tung der Wohnstätte Krefeld: „Ein inklusives Wohnprojekt zu unterstützen und umzuset- zen, war für die Wohnstätte von Anfang eine Herzensangele- genheit, da wir in den vergangenen Jahren schon verschie- dene direkte Anfragen für ein solches Projekt bekommen und geprüft haben. Die Lebenshilfe Krefeld war und ist für uns der richtige Partner, wie das Domizil an der Werkstät- tenstraße seit zwei Jahren bestätigt.“ Die Werkstättenstraße 10 soll nicht das einzige gemein- same Wohnprojekt bleiben: Peter Schwarz (links) und Thomas Siegert (rechts) von der Wohnstätte mit Heiko Imöhl von der Lebenshilfe Krefeld e.V.
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